Medizin

Tauchtauglichkeit

Tauchtauglichkeit

Der Tauchsport erfreut sich zunehmender Beliebtheit, und die Zahl der Taucheinsteiger, wie auch der erfahrenen Taucher, steigt stetig an. In den Tauchdestinationen dieser Welt ist die medizinische Notfallversorgung, gemessen an europäischen Standards, eher als unzureichend zu bezeichnen. Auch der Trend zu immer abgelegeneren Tauchplätzen macht eine umfassende Vorsorgeuntersuchung für TaucherInnen absolut notwendig. Doch die Praxis sieht anders aus, da wird oft am eigenen Gesundheits-TÜV gespart. Wie hältst Du es mit der Tauchtauglichkeitsuntersuchung? Worauf es dabei ankommt, erfährt Du hier.

Warum solltest Du dich einer ausführlichen Tauchtauglichkeitsuntersuchung unterziehen?

Aufgrund der tauchsportspezifischen Besonderheiten und physiologischen Vorgänge unter (Wasser-) Druck, ist es enorm wichtig, dass gerade vor dem Einstieg in den Tauchsport eine ausführliche Untersuchung abklärt, dass keine Einschränkungen bestehen.

Aber auch während der Ausübung des Tauchsports sind regelmäßige Untersuchungen wichtig, damit beispielsweise Entzündungen des Gehörgangs oder des Außenohres (Schwimmerohren) früh genug erkannt bzw. vorgebeugt werden kann.

Schlussendlich solltest Du auch an Deinen Tauchpartner / Deine Tauchpartnerin denken. Du kannst ihn / sie durch Deine eigenen Gesundheitsprobleme sehr leicht gefährden und in eine Notsituation bringen, die Du durch Abklärung Deines Gesundheitszustandes hättest vermeiden können.

Nach einer umfassenden Tauchtauglichkeitsuntersuchung wirst Du deine Tauchgänge mit klarem Kopf, besser und freier genießen, und Dich ganz auf die faszinierende Welt unter Wasser konzentrieren können.

Oft leben wir mit ererbten Fehlbildungen ein ganz normales Leben, da wir sie in unserem Alltag nicht merken. Bis zu 25% aller Menschen leben beispielsweise mit einem persistierenden Foramen ovale (PFO, lat. fortbestehendes ovales Loch), eine offene Verbindung zwischen rechtem und linkem Vorhof des Herzens. Beim Tauchen können Gasblasen aus dem Venensystem in das arterielle System übertreten und so im Gehirn oder Rückenmark, in den Armen oder Beinen etc. Infarkte auslösen. Daher sollten am Tauchen Interessierte unbedingt abklären, ob bei ihnen ein PFO vorliegt.

Im Allgemeinen gehen Experten davon aus, das jeder zweite tödliche Tauchunfall auf medizinische Gründe zurückzuführen ist. Durch eine gründliche Tauchtauglichkeitsuntersuchung könnte ein Teil davon vermieden werden.

Wie steht es um die Selbstauskunft über den Gesundheitszustand?

An exotischen und eher entlegenen Urlaubsorten ist eine gründliche Tauchtauglichkeitsuntersuchung oft nicht möglich. Spontane Entscheidungen einen Einsteiger-Kurs oder gar einen kompletten Tauchschein (Brevet) zu machen, werden lokale Tauchcenter trotzdem nicht ablehnen. Am Tauchen interessierte Urlaubsgäste, die hunderte, gar tausende von Kilometern angereist sind, können schlecht abgewiesen werden. Das wäre ja auch nicht gut für das Geschäft.

Abhilfe schafft hier die Selbstauskunft über den Gesundheitszustand, die der Urlaubsgast selbst ausfüllt. Wie Du dir sicherlich vorstellen kannst, ist diese Vorgehensweise ein Nährboden für Manipulationen und fatale Fehleinschätzungen. Da werden beispielsweise Allergien verschwiegen, oder aktuell eingenommene Medikamente, ganz zu schweigen von Herz-Kreislaufproblemen, bis hin zu Asthma. Ganz nach dem Motto Es wird schon nichts passieren.. Oft wird leider auch vergessen, dass selbst wenn der letzte Arztbesuch nicht lange zurück liegt, und da alles okay war, gelten diese Untersuchungen für Bedingungen über dem Meeresspiegel. Doch während des Tauchens befindest Du dich unterhalb des Meeresspiegels, unter besonderen (Wasser-) Druckverhältnissen.

Wer daher die „Selbstauskunft über den Gesundheitszustand“ manipuliert, oder der Meinung ist zu wissen, wie sein Körper unter Wasser auf die tauchsportspezifischen Besonderheiten reagiert, schadet sich im Endeffekt selbst am meisten. Die Selbstauskunft über den Gesundheitszustand dient nur der Absicherung des Tauchcenters, des / der TauchlehrerIn und der Tauchorganisation.

Worauf musst Du bei einer Tauchtauglichkeitsuntersuchung achten?

Tauchtauglichkeitsuntersuchungen werden noch häufig von Ärzten durchgeführt, die dafür nicht qualifiziert sind und denen das notwendige ärztliche Wissen fehlt. Dies führt oft zu unkritischen Attesten bzw. Gefälligkeitsgutachten, oder aber auch zu überkritischen Bescheinigungen mit unsinnigen Einschränkungen.

Konsultiere daher qualifizierte und fachkundige Ärzte, sonst wiegst Du dich in falscher Sicherheit, was böse enden kann.

Wer darf eine Tauchtauglichkeitsuntersuchung durchführen?

Grundsätzlich kann jeder approbierte Arzt, mit entsprechendem Wissen über die tauchsportspezifischen Besonderheiten und physiologischen Vorgänge unter (Wasser-) Druck, eine Tauchtauglichkeitsuntersuchung durchführen.

Für Ärzte aller Fachrichtungen werden speziell zugeschnittene Ausbildungsmöglichkeiten angeboten, die das für die tauchmedizinische Untersuchung notwendige Wissen vermitteln. Weiterbildungen zum TauchmedizinerIn bietet beispielsweise die Gesellschaft für Tauch- und Überdruckmedizin (GTÜM) an.

Wie oft solltest Du dich untersuchen lassen?

Um medizinischen Notfallsituationen beim Tauchen vorzubeugen, solltst Du dich in regelmäßigen Abständen untersuchen lassen. Die Untersuchungsintervalle sind vom jeweiligen Lebensalter abhängig, wobei die GTÜM empfiehlt:

  • unter 18 Jahren – jedes Jahr
  • 18 bis 39 Jahren – alle 3 Jahre
  • 40 Jahre und älter – jedes Jahr

Welche gesetzlichen Vorgaben gibt es?

Für Berufstaucher und Überdruckarbeiter gelten die gesetzlichen Regelungen und Vorgaben der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau), und sind in der entsprechenden Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) aufgeführt.

Für den Bereich Sport- bzw. Freizeittauchen gibt es keine gesetzlichen Vorschriften. Lediglich die Forderungen von einigen Tauchorganisationen, Tauchbasen und TauchlehrerInnen nach einer tauchärztlichen Untersuchung, übt einen gewissen Druck - und damit eine Unumgänglichkeit - aus.

Was solltest Du noch alles bedenken?

Aufgrund der Weiterentwicklung des Tauchsports in den letzten Jahren, werden Ärzte zunehmend mit tauchmedizinischen Grenzsituationen konfrontiert. So können beispielsweise mit einer modernen Tauchausrüstung längere Tauchzeiten und größere Tauchtiefen erreicht werden. Hier stellt gerade die Entwicklung des Technical Diving, mit dem Einsatz von Mischgasen (hierzu zählt auch Nitrox oder EAN - Enriched Air Nitrox), die Taucher vor neue körperliche Herausforderungen.

Das Tauchen kann aber auch einen therapeutischen Ansatz haben, indem die Effekte der reduzierten Schwerkraftwirkung auf den menschlichen Körper genutzt werden (beispielsweise bei chronisch erkrankten oder behinderten Menschen).

Der Großteil von Tauchunfällen hat einen erheblichen Leidensdruck zur Folge. So sterben beispielsweise die wenigsten TaucherInnen an einer Dekompressionserkrankung, leiden aber ihr Leben lang an Gedächtnisstörungen, oder Lähmungen der Extremitäten, Einschränkungen des Bewegungsappartaes, Minderung der Sehfähigkeit etc..

Kann nach einer Tauchtauglichkeitsuntersuchung nichts mehr schiefgehen?

Wenn Du dich einer umfassenden und gründlichen Tauchtauglichkeitsuntersuchung unterzogen hast, und Dir eine uneingeschränkte Tauchtauglichkeit attestiert wird, ist dies noch lange kein Freifahrtschein für unsinnges Verhalten unter Wasser. Du hast lediglich einen Gesundheitscheck bestanden, der Dir unbedenkliche körperliche Voraussetzungen zur Ausübung des Tauchsports bescheinigt. Doch Tauchen gehört noch immer zu den Erlebnissportarten. Selbst wenn Du keinerlei Fehler machst, bleibt doch ein Restrisiko für Leib und Leben. Sicherheit per Definition gibt es in einer erlebnisorientierten Natursportart wie dem Tauchen nicht.

Formulare zur Tauchtauglichkeitsuntersuchung für alle Altersstufen als Download

Kinder und Jugendliche

Erwachsene

Fazit

Eine gewissenhafte Tauchtauglichkeitsuntersuchung ist echte Gesundheitsfürsorge. Lass Dich daher immer von einem Taucharzt / einer Tauchärztin untersuchen, nur so kannst Du mögliche gesundheitliche Risiken ausschließen. Als TaucheinsteigerIn lass Dich immer erst untersuchen und geh dann tauchen. Und wenn das Tauchen zu Deinem Hobby geworden ist, dann lass dich in regelmäßigen Abständen untersuchen.

Mehr zu diesem Thema findest Du in:

Angstfrei tauchen

Ein Leitfaden für Tauchlehrer und Tauchausbilder.

Panik unter Wasser? Ein Alptraum für Tauchschüler und Tauchlehrer. Damit dies nicht geschieht, liefert das vorliegende Buch Tauchlehrern und Tauchausbildern wertvolle Informationen, wie man Stress oder Ängsten bei Tauchschülern erfolgreich begegnet. Die Autoren erläutern das menschliche Verhalten dabei sowohl aus wissenschaftlicher Sicht, also Warum haben wir Angst?, oder „Wie entsteht Angst überhaupt?“ und geben gleichzeitig zahlreiche Tipps, die in einer Akutsituation helfen - vor oder während des Tauchgangs. Auch auf die Besonderheiten beim Tauchen mit Kindern in den verschiedenen Altersgruppen geht das Werk ein.

Autor:
Frank Thiele
Verlag:
Springer Verlag, Berlin 2018
ISBN:
978-3662559154
Preis:
29,99 Euro
Frank Thiele - Official website
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