Tauchen lernen

Luftverbrauch beim Tauchen

Luftverbrauch beim Tauchen

Gleich am Anfang möchte ich mit dem Mythos aufräumen: wenig Luftverbrauch = guter Taucher, hoher Luftverbrauch = schlechter Taucher. Dies stimmt nicht! Genauso wenig wie je tiefer, oder je länger desto besser. Wir Menschen machen es uns da zu einfach, denn wir wollen immer etwas messen um vergleichen zu können. Doch Tauchen ist kein Wettkampf sondern ein Naturerlebnis, mit einem zeitlich begrenzter Aufenthalt in einer für uns Menschen normalerweise lebensfeindlichen Umgebung.

Solltst Du einen erhöhten Luftverbrauch haben, brauchst Du dir keine Sorgen machen, denn damit bist Du nicht allein. Tauchanfänger kennen solch eine Situation (Nervosität, Unerfahrenheit etc.), aber auch erfahrene Taucher, wenn sie beispielsweise mit neuer Tauchausrüstung tauchen, in überraschende Strömung geraten, oder unbekannten Großfischen begegnen. Viele Faktoren wirken während eines Tauchgangs auf Deinen Luftverbrauch ein, manche davon sind vorhersehbar, manche nicht. An den vorhersehbaren kannst Du arbeiten - wenn Du willst. Nachfolgend habe ich Dir meine Tipps in ungezwungener Reihenfolge einmal zusammengestellt.

Mach Dich nicht verrückt

Bevor Du überhaupt damit anfängst, an der Verbesserung Deines Luftverbrauchs zu arbeiten, muss Deine Grundeinstellung stimmen: Denke immer daran, das Wichtigste ist, dass Du deine Tauchgänge genießt und sie nicht als eine sportliche Herausforderung ansiehst! Ein geringer Luftverbrauch ist nicht ein Zeichen für einen guten und erfahrenen Taucher. Daher beteilige Dich auch nicht an dem vermeintlichen Kräftemessen, das einige Taucher nach ihren Tauchgängen an den Tag legen, nach dem Motto: Na, und wieviel Luft hast Du noch?. Also mach Dich nicht verrückt und lass Dich auch nicht verrückt machen.

Menschen sind verschieden

Dein Luftverbrauch beim Tauchen hat selbstverständlich auch damit zu tun, was Du an körperlicher Fitness und anderen Voraussetzungen mitbringt. Oft haben sehr muskulöse Taucher, oder sehr sportlich ambitionierte (hier speziell Ausdauersportler wie z. B. Jogger, Läufer, Radfahrer, Mountainbiker, Schwimmer etc.) u. a. aufgrund ihrer antrainierten Atemtechnik, einen erhöhten Luftverbrauch. Solltest Du möglicherweise ein paar Kilos zuviel auf den Hüften haben; auch das kann einen höheren Luftverbrauch verursachen. Deine körperlichen Veranlagungen haben einen großen Einfluss auf Deinen Luftverbrauch. Menschen sind verschieden, und so unterschiedlich sie sind, so unterschiedlich ist auch ihr Luftverbrauch – der eine braucht mehr, der andere weniger, das ist ganz normal.

Geh Tauchen

Dein Luftverbrauch wird sich verbessern, je mehr Du tauchen gehst. Mehr tauchen heisst mehr Erfahrungen sammeln, und damit ruhiger und abgeklärter werden. Wenn Du einmal so um die 60 bis 70 Tauchgänge absolviert hast, und dann einmal an Deine ersten Tauchgänge denkst, wirst Du sehen, wie sehr Du dich verbessert hast und wieviel weniger Luft Du brauchst. Je öfter Du tauchen gehst, umso mehr wird sich Dein Luftverbrauch verbessern.

Du hast die Luft bereits bezahlt

Du wirst Luft gemäß Deines Erfahrungsschatzes (Einsteiger, erfahrener Taucher, Profi), den vorgefundenen Tauchbedingungen (Kalt- oder Warmwasser, See oder Meer, geringe oder starke Strömung etc.), der zu verwendenden Ausrüstung (Beispiel Tauchanzug: 7mm Neoprenanzug, Trockentauchanzug, Shorty, T-Shirt etc.), der gestellten Aufgabe (Tauchgang zur Suche, zur Navigation, zur Reparatur unter Wasser etc.), und nicht zuletzt gemäß Deiner körperlichen Veranlagungen, verbrauchen. Sieh den Luftverbrauch nicht zu verbissen. Dein Körper braucht Luft um zu funktionieren, also versorge ihn damit. Hast Du dir eine größere Aufgabe für den nächsten Tauchgang vorgenommen? Dann plane mit einer größeren Flasche (Beispiel; 15 Liter anstatt 12 Liter) tauchen zu gehen. Verbrauche die Luft, denn Du hast sie ja schließlich bereits bezahlt!

Vergiss das Atmen

Konzentrierst Du dich jetzt gerade auf Dein Atmen? Sicherlich nicht, denn an Land atmen wir unterbewusst, eher automatisch. So sollte es im Idealfall auch unter Wasser sein. Versuch daher niemals krampfhaft deinen Luftverbrauch zu reduzieren, indem Du beispielsweise versuchst zeitweise die Luft anzuhalten, oder langsamer zu atmen, oder flacher, oder weniger. Dies führt nur dazu, dass Du aus der Puste kommst, eine sogenannten Dyspnoe (Lufthunger, Atemnot) aufbaust. Um Deinem Körper die vorenthaltene Luft wieder zuzuführen, wirst Du verstärkt einatmen müssen, was sich wiederum negativ auf Deine Tarierung auswirken wird. Deine gewollte Reduzierung von Luft hat demnach zur Folge, dass Du noch mehr Luft verbrauchst. Du erreichst damit also das genaue Gegenteil. Daher ist es besser wenn Du dich nicht auf Deine Atmung konzentrierst, sondern so atmest, wie Du es auch an Land tust, unterbewusst und so wie es für Dich angenehm ist.

Verschwende nicht unnötig Energie

Spare Energie, indem Du Deine Tauchausrüstung immer den Wasserbedingungen anpasst, insbesondere Deinen Tauchanzug. Mit einem falsch gewählten Tauchanzug fängst Du schneller unter Wasser an zu frieren, und dies resultiert dann in einen erhöhten Luftverbrauch. Bewege Dich unter Wasser auch so wenig wie möglich. Paddel mit Deinen Armen nicht unnötig herum, und bewege Dich gezielt und vor allem langsam vorwärts. Dies spart Energie und damit auch Luft.

Achte auf Deinen Flossenschlag

Ein unkoordinierter Flossenschlag bremst die Gleitphase des vorherigen Flossenschlags aus. Paddel daher nicht fortlaufend mit Deinen Flossen, sondern benutze sie nur, wenn Du merkst, dass die Gleitphase zum Stillstand kommt. Wechsel zwischen verschiedenen Flossenschlag-Stilen wie z. B. aus der Hüfte heraus, Frog Kick, Scherenschlag etc., um möglichen Beinkrämpfen vorzubeugen. Die Beinmuskulatur ist eine der größten in unserem Köper, und wenn Du sie bewusst und effektiv einsetzt, kannst Du viel Luft sparen.

Pass Deine Bleimenge an

Viele Taucher begegnen einem unter Wasser total überbleit. Dieses Zuviel an Blei schleppen sie während des gesammten Tauchgangs mit sich herum, was unnötig viel Luft kostet. Nimm daher immer nur so viel Blei mit, dass Du den Sicherheitsstopp am Ende des Tauchgangs mit fast leerer Flasche gut gewältigen kannst. Reduziere Blei immer Stück für Stück, bis Du deine optimale Bleimenge gefunden hast.

Verschwende keine Atemluft mit dem Tarierjacket

Der Inflator macht es Dir leicht, mit ihm kannst Du leicht Luft in Dein Tarierjacket füllen und auch wieder ablassen. Setze den Inflator aber immer nur kontrolliert und dosiert ein, da die Luft, die Du in das Tarierjacket füllst, eigentlich Deine Atemluft ist - einmal eingefüllt, steht sie Dir nicht mehr zum Atmen zur Verfügung, und verkürzt so Deinen Tauchgang. Sicherlich findet die grobe Tarierung mit Hilfe des Tarierjackets statt, indem Du beim Abtauchen Luft in Dein Tarierjacket hinein füllst, doch die volle Wirkung (Auftrieb) tritt immmer nur zeitverzögert auf, vergiss das bitte nie. Daher solltest Du ein wildes Luft rein – Luft raus, wie man es bei vielen Tauchern sehen kann, tunlichst vermeiden.

Nimm nur mit was Du auch wirklich brauchst

Sei Dir bewusst, was immer Du unter Wasser an zusätzlicher Tauchausrüstung mitnimmst, macht Dich schwerer, verschlechtert Deine Stromlinienform, und lenkt Dich von Deiner optimalen Tarierung ab. Dies gilt auch für Deine Unterwasserkamera! Mit einer Unterwasserkamera hat jeder – auch erfahrene Taucher – einen erhöhten Luftverbrauch.

Trainiere Tarierung

Die Tarierung ist beim Tauchen das A und O. Am Anfang, oder wenn Du einmal eine längere Zeit mit dem Tauchen ausgesetzt hast, bedarf es sicherlich etwas Training. Gezielte Übungen (beispielsweise während eines Tauchgangs kurz über einer Kies- bzw. Sandfläche, oder am Ende des Tauchgangs während des Sicherheitsstopps etc.), machen Deine Tauchgänge nicht nur sicherer, sondern werden sich auch positiv auf Deinen Luftverbrauch auswirken.

Tauche in geringer Tiefe

Bei jedem Taucher steigt der Luftverbrauch automatisch mit zunehmender Tiefe (Umgebungsdruck). Das ist nun mal so, und ist nicht zu ändern. Daher solltest Du nicht unbedingt immer die maximale Tauchtiefe - gemäß Deines Ausbildungsstandes - ausreizen, sondern lass Deinen Körper sich erst in Ruhe an die erhöhten Druckbelastungen in der Tiefe gewöhnen, und taste Dich nur langsam an sie heran. Die meisten interessanten Dinge, sowie die volle Farbenpracht, findest Du eh im Bereich von 0m bis 10m vor.

Vermeide Stress

Stress ist ein nicht zu unterschätzender Faktor in Bezug auf Deinen Luftverbrauch. Er aktiviert beispielsweise das Herz-Kreislauf-System, die Muskulatur und die Bildung von Magensäure. Bei Stress werden in unserem Körper vermehrt Hormone wie z. B. Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol produziert, der Blutdruck steigt, ebenso die Herzfrequenz, die Bronchiolen werden zur besseren Atmung erweitert und die Atemfrequenz steigt ebenfalls an – der Körper schaltet in Alarmbereitschaft. Vermeide daher Stress, tauche nur in Bedingungen bei denen Du dich auch wirklich wohl fühlst.

Achte auf Deine Fitness

Ausdauertraining (Cardio-Training wie z. B. Laufen, Schwimmen etc.) und eine gute Fitness, sorgen für einen niedrigen Ruhepuls, was sich positiv auf Deinen Luftverbrauch auswirkt. Die Raucher unter den Tauchern verbrauchen in der Regel auch mehr Luft. Daher wirst Du mit einem gesunden Lebensstil und einer guten körperlichen Fitness, Deinen Luftverbrauch reduzieren können.

Plane Deine Tauchgänge

Wenn Du, im Vergleich zu Deinem Tauchpartner bzw. den anderen Tauchern Deiner Gruppe, mehr Luft benötigen solltest, dann steh dazu und wähle für Deinen Tauchgang eine Pressluftflasche mir einer größeren Füllmenge. So vermeidest Du bereits zu Beginn Deines Tauchganges Stress, und wirst auch während des Tauchens nicht unnötig nervös. Eine gute Tauchgangsplanung hilft Dir so entspannter zu tauchen, und damit auch weniger Luft zu verbrauchen.

Beim Atmen zählen

Wenn Du nervös oder aufgeregt bist, dann geht Deine Atemfrequenz schnell nach oben. Um dies wieder in den Griff zu bekommen, fang einfach an bei der Einatmen- und Ausatemphase zu zählen. Beim Einatmen bis 1 zählen, und auch beim Ausatmen bis 1 zählen. Klappt das, dann versuch beim Ein- und Ausatmen jeweils bis 2 zu zählen. Fühlst Du dich damit wohl, dann zähl beim nächste Ein- und Ausatmen bis 3 usw. So bekommst Du relativ schnell Deine Atemfrequenz wieder auf ein normales Niveau herunter.

Riffhaken

Wenn Du bei starker Strömung an einem Ort verweilen möchtest, bleibt Dir normalerweise nichts anderes übrig, als mit den Flossen stark gegen die Strömung zu arbeiten, oder Dich irgendwo festzuhalten. Beides beansprucht Deine Muskulatur sehr stark, was sich wiederum negativ auf Deinen Luftverbrauch auswirkt. In diesem Fall ist ein Riffhaken empfehlenswert. Mit diesem Hilfsmittel kannst Du an Ort und Stelle bleiben, ohne viel Aufwand. Ein Riffhaken besteht aus einem ca. 10 – 15cm gebogenen Stück rostfreiem Edelstahl mit einer Schnur und einem Karabinerhaken am anderen Ende. Den Karabinerhaken befestigst Du an Deiner Tarierweste und den Edelstahlhaken setzt Du in das Riff. Bevor Du den Riffhaken setzt, bitte vergewissere Dich, dass Du nichts beschädigst bzw. kaputt machst.

Nitrox

Nitrox ist ein Gasgemisch, bei dem der Sauerstoffanteil in der Atemluft erhöht wird. Manche Taucher berichten, dass seitdem sie mit Nitrox tauchen, sie viel ruhiger tauchen, und auch einen verminderten Luftverbrauch haben. Leider gibt es bisher keine wissenschaftlichen Studien über dieses Phänomen, daher könnten die Aussagen der Taucher auch nur der Ausdruck ihres subjektiven Empfindens sein. Generell ist tauchen mt Nitrox weniger belastend für Deinen Körper, da Du weniger Stickstoff aufnimmst. Allein aus diesem Grund solltest Du einmal über eine Nitrox Ausbildung nachdenken, und vielleicht wird Dein Luftverbrauch damit auch weniger.

Mehr zu diesem Thema findest Du in:

Angstfrei tauchen

Ein Leitfaden für Tauchlehrer und Tauchausbilder.

Panik unter Wasser? Ein Alptraum für Tauchschüler und Tauchlehrer. Damit dies nicht geschieht, liefert das vorliegende Buch Tauchlehrern und Tauchausbildern wertvolle Informationen, wie man Stress oder Ängsten bei Tauchschülern erfolgreich begegnet. Die Autoren erläutern das menschliche Verhalten dabei sowohl aus wissenschaftlicher Sicht, also Warum haben wir Angst?, oder „Wie entsteht Angst überhaupt?“ und geben gleichzeitig zahlreiche Tipps, die in einer Akutsituation helfen - vor oder während des Tauchgangs. Auch auf die Besonderheiten beim Tauchen mit Kindern in den verschiedenen Altersgruppen geht das Werk ein.

Autor:
Frank Thiele
Verlag:
Springer Verlag, Berlin 2018
ISBN:
978-3662559154
Preis:
29,99 Euro
Frank Thiele - Official website
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