Unterwasserwelt

Korallen - faszinierende Bauwerke der Natur

Korallen - faszinierende Bauwerke der Natur

Die Korallenriffe sind Grundlage für den ungeheuren Artenreichtum unter Wasser. Dieses komplexe Ökosystem ist bis heute noch immer nicht vollständig erforscht. Das entlang der Ostküste von Queensland (Australien) gelegene Great Barrier Reef (Großes Barrier Riff) zeigt beispielsweise, welche gigantischen Ausmaße solch ein Bauwerk der Natur annehmen kann. Mit seinen ca. 2200 Kilometer Länge, und einer Breite von durchschnittlich ca. 150 Kilometer ist es Heimat von mehr als 3000 Tiergattungen. Auch hier bilden Korallen den Grundstock allen Lebens. Doch was sind Korallen überhaupt?

Die Koralle

Korallen sind Gebilde, die von vielen winzigen, nur wenige Millimeter großen Tieren, den Korallenpolypen (Anthozoen), gebaut werden. Jede Korallenart hat unterschiedliche Wachstumsgewohnheiten, die zu dem großen Formenreichtum in den Korallenriffen führt. Sie kommen in den bizarrsten Formen vor, wie z. B. kugelartig, flächig, kelchförmig, baumartig, stachelig, geweihartig, fächerförmig oder peitschenartig.

Man unterscheidet zwischen den Hart- und Weichkorallen. Seefedern (Pennatularia), Peitschenkorallen (Juncella sp.) und Gorgonien (Supergorgia sp.) sind beispielsweise typische Vertreter der Weichkorallen. Ihre Korallenpolypen werden von einer hornigen, weichen Aussenhaut überzogen, die einen schlanken, verzweigten und eher filigranen Aufbau ermöglicht. Dadurch sind sie sehr biegsam, können der Strömung recht gut nachgeben und brechen nicht so leicht ab. Sie leben bevorzugt in mäßig warmen und kalten Gewässern. Die für die Entstehung eines Korallenriffs wohl wichtigsten Korallen sind die Hartkorallen, und hier sind besonders die Steinkorallen zu nennen. Die Formen- und Größenvielfalt der unterschiedlichen Steinkorallenkolonien deuteten allein schon einige Namen an: Hirschhornkoralle, Hirnkoralle, Pilzkoralle.

Ihre Baumeister, die Korallenpolypen, haben die Eigenschaft Kalk (Kalziumkarbonat, Aragonitkristalle) zu bilden, das in dem sie umgebenden Meerwasser in Form von gelöstem Kalzium vorhanden ist. Wenn sich ein Korallenpolyp auf einem festen Untergrund ansiedelt, bildet er um sich herum eine Art becherförmiges Kalknest, in das er sich mit seinen weichen Tentakeln zum Schutz vor Räubern und Freßfeinden tagsüber zurück zieht. Nachts entfaltet er seinen Tentakelkranz und fängt damit winzig kleine vorbeiströmende Nahrungspartikel, in erster Linie tierisches Plankton, ein. Daher findet man auch die meisten und prächtigsten Korallenstöcke zum offenen Meer hin. Sterben nun die Korallenpolypen ab, siedeln ihre Nachkommen auf den noch vorhandenen Skeletten und bilden neue Kalkzellen.

Auf diese Weise wächst und vergrößert sich das Kalkgebilde und es entsteht zuerst ein hartes Gestein, später ein Riff. Jede Art bevorzugt dabei ein für sie spezifisches Bauschema. So entstehen die charakteristischen Formen.

Die Photosynthese

Riffbildende Korallen müssen relativ schnell wachsen, und bedienen sich dazu eines Tricks. Viele Korallenpolypenarten leben in Symbiose (Zweckgemeinschaft) mit winzigen Grünalgen (Zooxanthellen). Diese gelb-braunen einzelligen Algen sind in den Korallenpolypen direkt eingelagert und unterstützen ihn mit Hilfe der Photosynthese. Bei der Photosynthese produzieren alle grünen Pflanzen mit Hilfe des Farbstoffes Chlorophyll organische Stoffe. Das heißt, aus Wasser und Kohlendioxid (CO2) entstehen mit Hilfe von Licht, Traubenzucker und Sauerstoff. Die Algen versorgen durch diesen wichtigen chemischen Prozess die Korallenpolypen mit den Assimilationsprodukten Aminosäuren und Traubenzucker, und erhalten im Gegenzug von den Polypen Nitrate, Phosphate und Kohlendioxid. Durch die Kohlendioxid-Aufnahme aus dem Organismus des Polypen wird wiederum die Kalkabscheidung um ein Vielfaches beschleunigt (ca. das Zehnfache) und dadurch auch der Skelettaufbau.

Damit ist die Photosynthese einer der wichtigsten chemische Prozesse überhaupt und Voraussetzung für die Entstehung der Korallenriffe. Doch die Grundlage für das Korallenwachstum, und somit allen Lebens, ist die Sonnenenergie.

Das Korallenwachstum

Drei Faktoren sind für die Wachstumsgeschwindigkeit von Korallenriffen wichtig. Zum einen können sich Riffe nur dort entwickeln, wo das Wasser klar und lichtdurchlässig ist. Dies ist deshalb wichtig, damit überhaupt Photosynthese betrieben werden kann. In Tiefen von 50 m – 60 m wird aber bereits das normale Tageslicht durch die Filterwirkung des Wassers so weit absorbiert, dass kaum mehr ein schnelles Korallenwachstum möglich ist. Generell kann Licht sehr klares Wasser bis zu einer Tiefe von etwa 150 m durchdringen und selbst dort noch Photosynthese bewirken. Die vom Licht durchflutete Meereszone wird Oberflächen- oder Pelagialzone genannt. Dieser Bereich umfasst zwar nur ca. 2% der Wassermenge aller Ozeane, ist aber wahrscheinlich der Lebensraum von 90% ihrer lebenden Organismen.

Der zweite Faktor ist die Wassertemperatur. Korallen wachsen zwischen 20°C und 30 °C. Unter 20°C und über 30°C kann kaum noch Kalk abgeschieden werden. Die besten Bedingungen für Korallen sind Temperaturen zwischen 27°C und 30 °C. Das erklärt auch, warum riffbildende Korallen nur in tropischen Gewässern, genauer gesagt zwischen den Wendekreisen in den gemäßigten Zonen der Erde, beidseits des Äquators, vorkommen.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist nährstoffreiches Wasser. Zum Wachsen brauchen die Korallenpolypen genügend planktonreiche Nahrung, die sie aus ihrer unmittelbaren Umgebung in Form von winzig kleine Nahrungspartikeln (in erster Linie tierisches Plankton), mit ihren Tentakeln heraus filtern.

Ein einzigartiger Lebensraum

Über Millionen von Jahren hinweg, genauer seit dem Erdaltertum, bilden Korallen den Grundstock des Lebens unter Wasser. Sie haben sich an das Leben in den verschiedenen Tiefen angepasst und sind über alle Ozeane verbreitet. Sie besitzen den gleichen Körperaufbau und haben sich aus derselben Grundform des Polypen entwickelt. Korallenpolypen können einzelstehende Individuen sein oder riesige Kolonien bilden, in denen die Einzeltiere durch Kalkzellen voneinander abgegrenzt, leben. Tausende von Korallenpolypen bilden einen Korallenstock, der wiederum Lebensraum für viele andere Lebewesen ist. Ineinanderwuchernde Korallenstöcke sind beispielsweise ideale Schlupfwinkel für die unzähligen Korallenfische. Nicht alle Korallen enthalten Algen, nur die schnellwachsenden und damit riffbildenden. Alle derzeit bekannten Rifftypen entstehen aus zwei Wachstumsrichtungen: entweder wachsen Korallenriffe vom Ufer seewärts oder vom Grund bis nahe der Oberfläche. Auch Inseln sind aus Riffen entstanden, und nur das flache Korallenriff rundherum schützt sie vor dem Ansturm von Wellen und Strömungen.

Korallen besitzen keinen Schutz vor ihren Feinden. Der negative Einfluss des Menschen durch Meeresverschmutzung, Verklappung giftiger Abfälle, Ausbeutung der Meere durch Fangflotten, Nutzung der Küstenregionen zu Freizeitaktivitäten, Souvenirjäger etc., führt zur weltweiten Zerstörung einzigartiger Lebensräume und Lebensgemeinschaften.

Neben dem Menschen haben die Korallen aber auch noch andere Feinde. Die Dornenkrone (Acanthaster planci) beispielsweise, eine Seesternart die bis zu 60 cm groß werden kann, ernährt sich von Korallenpolypen und kann ganze Korallenfelder zerstören. Ein anderer spezialisierter Räuber ist der Papageienfisch (Scarus), der die Polypen aus den Korallenstöcken herauspicken kann. Mit seinem schnabelartigen Gebiss schabt er hörbar die Korallen ab, zerbeißt die Korallenstücke und zermahlt sie zu einem Brei. Das beim Abzupfen der Polypen aufgenommene Kalksubstrat wird verdaut und als Sandwolke ausgeschieden. Der tropische Strand, auf dem wir gerne unsere Badetücher ausbreiten, besteht demnach also nicht nur aus feingemahlenem Gestein, Korallen- und Muschelteilchen, sondern wird zu einem Großteil von Papageifischen produziert.

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Richtig Schnorcheln

Dieses Buch ist die moderne und aktualisierte Version des früheren Bestsellers Schnorcheln von A-Z.

Autor:
Frank Thiele
Verlag:
Paul Pietsch Verlage, Stuttgart 2014
ISBN:
9-783-613-507-876
Preis:
19,95 Euro
Frank Thiele - Official website
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